Tiefenbacher Winzergemeinschaft e.V.
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Aktuelles

Bodenverbesserung durch Terra Preta

Dualer Studiengang für Weinbau und Oenologie: Nathanael Döbler & Manuel Wörthmann,

DLR Rheinpfalz, Institut für Weinbau und Oenologie: Dr. Claudia Huth

 

Gegenwärtige Situation

 

Die Klimaveränderung in europäischen Weinbaugebieten wird zu einem verstärkten Auftreten von Trockenperioden führen, sodass die Bodenbewirtschaftung an die geringere Bodenfeuchtigkeitsowie die höhere Humusabbaurate angepßt werden muß (SCHULTZ 2000).

Um Wasserkonkurrenz zwischen Begrünungspflanzen & Reben während der Sommermonate zu verringern, wird der Boden, vor allem in südeuropäischen Anbaugebieten, nicht mehr begrünt. Dadurch entsteht ein erodierter, verdichteter & biologisch verarmter Boden (NIGGLI & SCHMIDT 2010). Dies widerspricht jedoch einer nachhaltigen Bodenbewirtschaftung mit einer ganzjährigen Teil-oder Komplettbegrünung. Hierbei sollen der Erhalt und die Förderung der Bodenfruchtbarkeit, der Boden-& Erosionsschutz sowie der Schutz der Grund-& Oberflächenwasserressourcen im Mittelpunkt stehen (PATZWAHL et al. 2016). Um die Bodenfruchtbarkeit für dieses Bodenmanagement trotz Klimaveränderung sicherzustellen, ist ein ausreichender Humusgehalt (Versorgungsstufe C je nach Bodenart) im Boden von entscheidender Bedeutung (BLUM 2007). Eine Lösung für dieses Problem auf niederschlagsarmen Standorten mit leichten oder steinigen Böden könnte neben einem Wasser sparenden Bodenpflegesystem oder einer Bodenabdeckung auch der Einsatz von pyrolysierter Pflanzenkohle (Terra preta) sein.

 

Eigenschaften der Pflanzenkohle

 

Pflanzenkohle besitzt eine sehr große spezifische Oberfläche von teilweise über 300 m²/g & ist sehrporös (SCHMIDT 2011a). Diese in Abbildung 1a aufgezeigte Schwammstruktur führt dazu, dassPflanzenkohle bis zur fünffachen Menge ihres Eigengewichtes an Wasser & die darin gelösten Nährstoffe aufnehmen kann & damit über eine hohe Adsorptionskapazität verfügt (SCHMIDT 2011a). Aufgrund von negativen Ladungsüberschüssen an der Pflanzenkohleoberfläche & der zusätzlich sehr großen inneren Oberfläche der Kohle können positiv geladene Kationenaufgenommen werden (HAUBOLD-ROSAR et al.2016). Mit fortschreitender Alterung derPflanzenkohle kommt es zur Oxidation an der Kohlenoberfläche & zur Ausbildung funktioneller Gruppen, was zur Zunahme der Kationenaustauschkapazität führt (CHENG et al. 2008). Somit können positiv geladene Nährstoffionen an der Oberfläche gebunden & bei entsprechenden Verhältnissen wieder an die Pflanzen und Mikroorganismen abgegeben werden. Außerdem können auch toxische Stoffe aufgenommen werden, sodass hierdurch die Bodenorganismen geschützt werden (SCHMIDT 2011a). YAO et al. (2012) konnten zudem eine Nitrat-Speicherung durch Pflanzenkohle beobachten. Erforschte Mechanismen, welche zur Nitrat-Anlagerung auf der porösen Pflanzenkohlenmatrix beitragen, sind die Bildung von sauren und basischen funktionellen Gruppen, organisch-mineralischen Komplexen & unkonventionelle H-Bindungen (KAMMANN et al. 2015). Eine effektive Nitrat-Adsorption findet jedoch nach CLOUGH et al.(2013) nur bei Pflanzenkohlen statt, welche bei mindestens 700 °C pyrolysiert wurden. Somit konnte bei einem Pflanzenkohleeinsatz die Stickstoff-Verlagerung in tiefere Bodenschichten signifikant verlangsamt werden (DING et al. 2010). Die Grundwasserbelastung durch zu hohe Nitrat-Konzentrationen, welche derzeit in allen Weinregionen von hoher Relevanz ist, könnte dadurch entschärft werden. Die Mechanismen zur Stickstoff-Speicherung bzw. Stickstoff-Freisetzung sind jedoch bislang noch nicht vollständig geklärt (KAMMANN persönl. Mitteilung). Zudem stellt Pflanzenkohle nach den Untersuchungen von WARNOCK et al. (2007) ein Lebensraum für Mikroorganismen dar. Zusätzlich bleiben 80 % des Kohlenstoffs, der im Boden eingearbeiteten Pflanzenkohle, für mehr als 1000 Jahre stabil.

 

Herstellung von Pflanzenkohle

 

Pflanzenkohle wird durch pyrolytische Verkohlung von pflanzlichen Ausgangsstoffen gewonnen(SCHMIDT 2011a). Die zur Verarbeitung vorgesehene Biomasse darf einen maximalenFeuchtigkeitsgehalt von 50 % aufweisen (SCHMIDT et al. 2012). Die Biomasse-Pyrolyse ist einethermochemische Spaltung organischer Verbindungen bei Temperaturen zwischen 350 und 1000 °C (SCHMIDT et al. 2012). Im Gegensatz zur Verbrennung findet die Pyrolyse bei stark reduziertem Sauerstoffgehalt von unter 2 % statt. Als Reaktionsprodukte entstehen Pflanzenkohle, Synthesegas & Wärme. Entstandene Synthesegase werden durch eine flammenlose Oxidation schadstoffarm verbrannt. Zudem handelt es sich um einen energieautonomen Prozess, da ein Teil der entstandenen Wärme zur Erhitzung der nachfolgenden Biomasse verwendet wird & die restliche Abwärme für Heizzwecke genutzt werden kann. Die Mineralstoffe, aus den verarbeiteten pflanzlichen Ausgangsstoffen, sind an der Oberfläche und in den Poren der Kohle gebunden (SCHMIDT 2011a). Neben der Pyrolyse kann Pflanzenkohle auch durch eine hydrothermale Carbonisierung (HTC-Verfahren) hergestellt werden. Allerdings eignet sich HTC-Kohle aufgrund der geringen Oberfläche, der Unbeständigkeit im Boden sowie der schlechten Besiedlung mit Mikroorganismen nicht zur Herstellung von Pflanzenkohle-Präparten für die Landwirtschaft.

 

Feldstudie im Weinbau

 

Im Rahmen des Projektes werden die Auswirkungen des Einsatzes eines Pflanzenkohle-Substrates im Vergleich zur mineralischen und organischen Düngung auf pflanzenphysiologische Parameter der Rebe seit März 2014 untersucht. Als Versuchsweinberg wurde eine 30 Ar große Riesling-Anlage in der Gemarkung Ruppertsberg (Einzellage „Nußbien“) ausgewählt, die im Rahmen des Versuchsansatzes einen Extremstandort darstellt. Die Fläche zeichnet sich durch eine extreme Humusunterversorgung, sehr leichten Boden (Bodenart: schwach anlehmiger Sand) und eine regional geringe Jahresniederschlagsmenge von 400 bis 500 mm mit ausgedehnten Trockenperioden von April bis August aus. Ferner sollte das Pflanzenkohle-Präparat in Neu-oder Junganlagen eingebracht werden, um eine langfristige Bodenverbesserung mit Düngewirkung zu erreichen. Dieses Kriterium war mit der Flächenauswahl ebenfalls erfüllt, da die Riesling-Hochstammreben (Klon: N 90) erst 2013, ein Jahr vor Versuchsbeginn, angepflanzt wurden. Für dieFeldstudie wurde die Rebanlage in 16 Versuchsplots (vier Varianten in vierfacher Wiederholung randomisiert) aufgeteilt. In der Variante „Pflanzenkohle“ wurde einmalig zu Versuchsbeginn das Produkt „Amino Terra“ (CARBUNA AG), Pflanzenkohle aus einheimischen Nadelgehölzen aufgeladen mit Vinasse & vier Mikrobenstämmen, ausgebracht & mit einer Fräse 10 cm tief eingearbeitet. Die Variante „Kompost“ erhielt eine Dreijahresgabe an Grünschnittkompost. In der Variante „KAS“ wurde jährlich Kalkammonsalpeter (27 % Stickstoff) entzugsorientiert mit 20 kg N/ha (2014, 2015) & 40 kg N/ha (2016) nachgeführt. der Variante „Nullkontrolle“ wurden seit Versuchsstart 2014 keinerlei Düngemaßsnahnen vorgenommen.

 

Erste Ergebnisse der Feldstudie

 

Bodenwassergehalt: Insbesondere im ersten Versuchsjahr 2014 konnte gezeigt werden, dass sich die Schwammstruktur der Pflanzenkohle nach hohen Niederschlagsmengen Anfang Juli stark mit Wasser aufgeladen hat Infolgedessen wurden vor allem in der obersten Bodenschicht (0 bis 10 cm Tiefe) der Pflanzenkohlevariante im Vergleich zu den anderen Varianten bis in den Spätherbst deutlich höhere Bodenwassergehalte im Sandboden gemessen. Daher kann im Versuchsjahr 2014 die Verbesserung der Wasserspeicherfähigkeit eines sandigen Bodens durch eine Pflanzenkohleanwendung bestätigt werden. Im Folgejahr 2015 wies die Pflanzenkohlevariante zu einigen Messterminen zwar immer noch höhere Bodenwassergehalte auf, jedoch waren die Unterschiede im Vergleich zu den anderen Varianten nur noch minimal höher (nicht signifikant).

Ein Grund für die geringere Wasserspeicherung der Kohle 2015 im Vergleich zu 2014 könnten die ausgebliebenen Starkregenereignisse im Frühsommer gewesen sein, wodurch sich die Pflanzenkohle nicht ausreichend mit Wasser aufladen konnte. Nährstoffverfügbarkeit: Grundsätzlich konnte in der vorliegenden Studie die Nährstoffspeicherung durch Pflanzenkohle nachgewiesen werden. Bei dem Makronährelement Calcium (Ca) und den Spurenelementen Bor (B) und Mangan (Mn) war die Nährstoffverfügbarkeit für die Reben eingeschränkt, da die Aufladung der Pflanzenkohle mit diesen Nährstoffen vermutlich zu schwach war. Im Gegensatz dazu, erfolgte mit Stickstoff (N) und Kalium (K) eine Übersättigung der Kohle, wodurch diese Makronährstoffe durch die Reben verstärkt aufgenommen wurden. Aus der erhöhten Stickstoff-Versorgung der Reben in der Pflanzenkohlevariante, welche durch Blattanalyse und Blattstiel-Nitrat-Test nachgewiesen wurde, resultierte auch ein höherer Chlorophyllgehalt der Rebblätter. Jedoch führte die erhöhte Stickstoff-Versorgung nicht zu einem verstärkten Triebwachstum und es konnte weder ein erhöhter Ertrag noch ein verstärkter Fäulnisbefall beobachtet werden. In der Pflanzenkohlevariante konnte hingegen ein doppelt so hoher NOPA-Gehalt im Vergleich zur Kompostvariante nachgewiesen werden. Die Kationenaustauschkapazität, die ein Maß für die austauschbaren Kationen und damit die Zahl an negativen Bindungsplätzen von Kationenaustauschern im Boden ist, wies keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Versuchsvarianten in 2014 und 2015 auf. Anzumerken ist, dass die Pflanzenkohle bei der Ausbringung (2014) überwiegend oberflächlich neutral geladenen ist. Erst durch die Alterung der Kohle im Boden nimmt die Kationenaustauschkapazität aufgrund von Oxidationsprozessen & der Ausbildung funktioneller Gruppen zu (CHENG et al. 2008). Demzufolge wird erst in den Folgejahren mit einer Zunahme der Kationenaustauschkapazität in der Pflanzenkohlevariante zu rechnen sein.

 

Literaturverzeichnis

 

BLUM, W.E.H. (2007): Bodenkunde in Stichworten, 6. Auflage, Gebr. Borntraeger, Stuttgart, D.

 

CHENG, C. H., LEHMANN, J. & M. H. ENGELHARD (2008): Natural oxidation of black carbonin soils: Changes in molecular form and surface charge along a climosequence. Geochimicaet Cosmochimica Acta 72 (6): 1598-1610.

 

CLOUGH, T. J., CONDRON, L. M., KAMMANN, C. & C. MÜLLER (2013): A Review of Biochar and Soil Nitrogen Dynamics. Agronomy 3 (2): 275-293.

 

DING, Y., LIU, Y.-X., WU, W.-X., SHI, D.-Z., YANG, M. & Z.-K. ZHONG (2010): Evaluationof Biochar Effects on Nitrogen Retention and Leaching in Multi-Layered Soil Columns.Water Air Soil Pollut, Volume 213: 47-55.

 

HAUBOLD-ROSAR, M., HEINKELE, T., RADEMACHER, A., KERN, J., DICKE, C., FUNKE,A., GERMER, S., KARAGÖZ, Y., LANZA, G., LIBRA, J., MEYER-AURICH, A., MUMME, J.,THEOBALD, A., REINHOLD, J., NEUBAUER, Y., MEDICK, J. & I. TEICHMANN (2016):Chancen und Risiken des Einsatzes von Biokohle und anderer „veränderter“ Biomasse alsBodenhilfsstoffe oder für die C-Sequestrierung in Böden. Texte 04/2016, Umweltforschungsplandes Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau & Reaktorsicherheit, Dessau-Roßlau,

 

KAMMANN, C. I., SCHMIDT, H.-P., MESSERSCHMIDT, N., LINSEL, S., STEFFENS, D.,MÜLLER, C., KOYRO, H.-W., CONTE, P. & S. JOSEPH (2015):Plant growth improvement mediated by nitrate capture in co-composted biochar. Scientific Reports

5, 11080; doi:10.1038/srep11080.

 

NIGGLI, C. & H. P. SCHMIDT (2010): Erhöhung des Wasserhaushalts von Weinbergsböden

durch Begrünung und Biokohle. Ithaka-Journal 2010/1: 345-350.

 

PATZWAHL, W., HERMANN, J. V., GILGE, U., GESSNER, M., ADELHARDT, M., HUTH, R.,HALLER, B. & W. PYKA (2016): Klimawandel schreitet fort und erfordert dringend großflächige Anpassung der Bewirtschaftungssysteme im Weinberg. Deutsches Weinbau-Jahrbuch 2016.

 

SCHMIDT, H.P. (2011a): Pflanzenkohle. Ithaka-Journal 2011/1: 75-82. & 2011/1: 9-13.

 

SCHULTZ, H. (2000): Climate change and viticulture: A European perspective on climatology, carbon dioxide and UV-B effects. Australian Journal of Grape & Wine Research Volume 6 (1): 2-12.

 

WARNOCK, D. D., LEHMANN, J., KUYPER, T. W. & M. C. RILLIG (2007): Mycorrhizal responses to biochar in soil -concepts and mechanisms. Plant Soil 2007, 300: 9-20.

 

YAO, Y., GAO, B., ZHANG, M., INYANG, M. & A. R. ZIMMERMAN (2012): Effect of biocharamendment on sorption and leaching of nitrate, ammonium, and phosphate in a sandy soil.Chemosphere 89 (11): 1467-1471.

 

Weitere Fragen?

Dr. Claudia Huth, Tel. 0 63 21/6 71-228, claudia.huth@dlr.rlp.de Claudia.huth@dlr.rlp.de

Manuel Wörthmann, Tel. 0 63 21/6 71-225, manuel.woerthmann@dlr.rlp.de

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