Tiefenbacher Winzergemeinschaft e.V.
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Aktuelles

Le Beaujolais Nouveau

von Verena Zemme

 

Die farbenfrohen Plakate in Weinhandlungen & Gastwirtschaften verkünden es: "Le Beaujolais Nouveau est arrivé!" Selbst Zeitgenossen, die Médoc nicht von Mâcon unterscheiden können & Pauillac für eine Automarke halten, also von französischem Wein absolut nichts verstehen, können hier mitreden. Der duftige, leichte, verführerische Beaujolais Nouveau, dessen Auftritt so gekonnt im Spätherbst zelebriert wird, hat es ihnen angetan. Dies ist ein Rotwein zum Einfach-So-Trinken, zum Leben, zum Lachen, dem nichts Geheimnisvolles oder Tiefgründiges anhaftet, der keine besondere Kennerschaft verlangt und der vor allem nicht vorgibt etwas anderes zu sein, als er ist: ein junger, fröhlicher Nachgeschmack des vergangenen Sommers. In der Heimat des Weins Die Heimat der Beaujolais-Weine ist die gleichnamige Region entlang des Flusses Saône. Nördlich wird das Gebiet vom großen Nachbarn Burgund und südlich von der Stadt Lyon begrenzt. Die berühmten Reben der Burgunder Weingärten sind der mächtige weiße Chardonnay und der blumige Weiße Burgunder sowie der samtige, rote Pinot Noir (Synonym: Blauer Spätburgunder). Dessen jugendlich auftretender Verwandter und vielleicht sogar sein Abkömmling ist der Gamay Noir, kurz Gamay genannt. Im Beaujolais nimmt der früh reifende Gamay stolze 98 Prozent der Anbaufläche ein. Hier, auf den Granitböden seines Stammlandes, bringt er seine besten, frisch und lebhaft schmeckenden, violettbis purpurroten Weine hervor. Außerhalb des Beaujolais findet man den Gamay noch im Loiretal, nach Osten hin bis in die Schweiz - wo er eine der Rebsorten im bekannten Dôle ist - und in Kalifornien. Die für französische Verhältnisse ungewöhnliche Spezialisierung auf eine Rebsorte mündet im Beaujolais dennoch in einer Reihe recht unterschiedlicher Weine. Der Verkaufserfolg des Beaujolais Nouveau, eigentlich nur ein Nebenprodukt der hiesigen Weinbaukunst, stellt jedoch alle anderen Erzeugnisse weit in den Schatten. Wiederbelebte Traditionen Ursprünglich wurde der junge Wein hergestellt, um die erfolgreich abgeschlossene Lese zu feiern & sich gleichzeitig bei den Erntehelfern zu bedanken. Natürlich liefert der "Neuling" auch einen ersten Eindruck von der Qualität des eingebrachten Leseguts, der aber wohl nur für den erfahrenen Weinkenner herauszuschmecken ist. Die alljährliche Partystimmung wurde jedenfalls der französischen Regierung so suspekt, dass sie die Herstellung des Beaujolais Nouveau im Jahr 1938 kurzer Hand verbot. Erst 1951 erteilte man der Appellation Beaujolais die offizielle Erlaubnis zur Produktion des Primeur. Später einigten sich Winzer und Händler auf den dritten Donnerstag im November als ersten Verkaufstag. So kann auch dieses Jahr in Lyon vier Tage lang, bis zum darauf folgenden Sonntag, der neue Wein gefeiert werden. Und die Welt feiert mit. Mehr als "Nouveau" Der Beaujolais Nouveau ist in 200 Ländern in aller Welt vertreten. Dabei ist Deutschland mit Abstand der größte Abnehmer der gut 27 Millionen produzierten Flaschen jährlich. Bei einem solchen Verkaufschlager eigentlich kein Wunder, dass rund die Hälfte der Ernte im Beaujolais zu Primeur verarbeitet wird. Davon ausgenommen sind natürlich die Rebstöcke der zehn "Crus" oder Prädikats-Lagen, zu denen Fleurie, Saint-Amour, Juliénas, Brouilly & Moulin-à-Vent zählen. Diese eleganten, sanften und gehaltvollen roten Spitzenweine des Beaujolais sind aufgrund der Konkurrenz aus Südfrankreich, Italien & Übersee etwas aus der Mode geraten. Großer Popularität erfreuen sich dagegen die "Beaujolais-Villages". Sie kommen aus einer Gegend mit 39 Dörfern, die auf den Etiketten nicht einzeln genannt sind. Auch diese kräftigeren, aromatischen Rotweine stammen aus der GamayRebe. Sie werden schon ab dem Alter von einem Jahr getrunken und ideale Weine für jeden Tag. Daneben gibt es noch eine Reihe schlichter Beaujolais-Weine sowie die teilweise durchaus entdeckenswerten "Beaujolais supérieur", die einen höheren Alkoholgehalt aufweisen. Sie sind gute Sommerweine, die zu leichter französischer und italienischer Küche passen. Sie werden jung getrunken und sind nicht zur langen Lagerung bestimmt. Bekannter Charakter Der Beaujolais Nouveau ist nicht der einzige, aber wohl der bekannteste Wein, der bereits kurze Zeit nach der Ernte angeboten wird. Varianten gibt es im LoireGebiet und in Südfrankreich, zum Teil auch als Weiß- und Roséweine. Man nennt diese Produkte allgemein "Vin Nouveau" oder "Primeur". Die etwas niedriger eingestuften Landwein-Qualitäten aus Gamay-, Chardonnay- & Sauvignon-Blanc-Trauben dürfen als Primeur sogar schon Ende Oktober angeboten werden. Ein Primeur ist im Gegensatz zu einem Federweißen ein fertig vergorener, wenn auch nur begrenzt haltbarer Wein. Herstellung Für die Herstellung werden die Gamay-Trauben sorgfältig von Hand gelesen. Ihre Schale sollte möglichst unversehrt sein, denn vor der Gärung werden sie nicht wie normale Rotweintrauben gepresst, sondern das Lesegut wird im Ganzen in einen Gärtank gefüllt. Kohlensäure wird zugegeben, dann wird der Tank hermetisch abgeschlossen. Im Inneren platzen die Beeren nach und nach auf und beginnen ihren Gärungsprozess. Der Fachbegriff hierfür ist "Mazeration in Kohlensäuregas". Nach etwa vier Tagen wird das angegorene Trauben-SaftGemisch vorsichtig gepresst. Der Most gärt dann noch einige Zeit im Edelstahltank, seltener im Holzfass weiter. Vor der Abfüllung kann der Wein gefiltert werden. Der Charakter des Beaujolais Nouveau Ökologisch orientierte Winzer bemühen sich um die Reinheit des so entstandenen, fruchtigen, aber nicht "unfertig" schmeckenden Weines. Ein guter Beaujolais Nouveau schmeckt rund, lebhaft, frisch & hat eine relativ intensive, hellrote Farbe. Die typischen Bitterstoffe anderer junger Rotweine fehlen ihm durch den besonderen Herstellungsprozess. Leider entwickelte sich seine wachsende Beliebtheit in den letzten zwanzig Jahren auf Kosten seines Geschmacks. Masse statt Klasse war plötzlich gefragt. Der feine Primeur verkam durch Zusatz von Aromen, Zuckerung & künstlich aufgepeppten Alkoholgehalt zu einem Schatten seiner Selbst. Deshalb ist es bei diesem Wein besonders wichtig, auf die Herkunft zu achten & lieber einen höheren Preis für einen "natürlich" hergestellten Beaujolais Nouveau zu zahlen als ein paar Mark für ein Gemisch aus dem Discount-Regal. Praktische Tipps Der richtige Umgang Die empfohlene Trinktemperatur des Beaujolais Nouveau liegt mit 10 bis 12 Grad Celsius einige Grad unter der kräftigerer Rotweine. Verwenden Sie immer Rotweingläser mit langem Stiel & einem Kelch, der sich nach oben verjüngt. Den größten Weingenuss vermitteln farblose Gläser ohne Schnörkel & Verzierungen. Die stark bauchigen, großen Gläser sind den gehaltvolleren Rotweinen vorbehalten. Der Beaujolais Nouveau passt zu herzhaften Käse- & Aufschnittplatten, aber auch zu Pizza, Quiche, unkomplizierten Gemüse- & Hühnchengerichten oder gesunder Mittelmeerküche. Gute Qualitäten des Beaujolais Nouveau halten bis zu einem Jahr. Allgemein gilt jedoch die Regel, dass ein neuer Wein das Frühjahr nach seiner Entstehung nicht mehr erleben sollte. Beaujolais kaufen Den Beaujolais Nouveau zu finden, ist wirklich nicht schwer. Ab Mitte November ist er in praktisch jedem Supermarkt & Kaufhaus zu haben. Wer nicht wahllos probieren will und eine bessere Qualität wünscht, verlässt sich auf den Rat eines Weinhändlers oder sucht eine etwas besser sortierte Vinothek auf. Als Vorreiter des unverfälschten Primeur gilt die Domaine Pierre-Marie Chermette. Andere Winzer sind dem guten Beispiel gefolgt und bemühen sich um Qualität. Bitte beachten Sie dabei, dass der Beaujolais als Unterregion des Burgund eingestuft wird (auf Französisch Bourgogne). Die letzten exzellenten Jahrgänge im Burgund waren 1996, 1990 & 1988. Land und Leute entdecken Haben Sie Lust, die Heimat des Beaujolais Nouveau im Herzen Frankreichs zu entdecken? Die offizielle Homepage http://www.beaujolais.net informiert über Reisen in die Weinregion & gibt darüber hinaus Auskünfte über Termine, Verkostungen und Kampagnen bei Weinhändlern in Deutschland. Hier finden Sie auch News & gastronomische & literarische Tipps rund um die Weine des Beaujolais.

 

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